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Kriegerisches Überbleibsel – der Atlantikwall in Raversyde

In unmittelbarer Nähe zur Hafenstadt Oostende in der Provinz Westflandern liegt der Atlantikwall Raversyde. An wohl keinem anderen Ort in Belgien vereinen sich die Zeugnisse bewegter Geschichte und atemberaubende Natur so wie hier.

Wenn Sie den Naturpark der Küstenlinie erkunden, reisen Sie nicht nur ins Zeitalter der beiden Weltkriege – auch ein Ausflug zurück ins Mittelalter ist hier möglich!

Die Geschichte zweiter Weltkriege 

Eingebettet in die hügelige Dünenlandschaft der belgischen Nordseeküste liegt ein Relikt aus der Vergangenheit, welches auf unheimliche Art gleichzeitig verstören aber auch faszinieren kann. Der Atlantikwall war eine deutsche Verteidigungslinie, mit dem Ziel, die Küsten des von Deutschland  besetzten Belgien zu sichern. Seine Geschichte beginnt bereits im ersten Weltkrieg, als die  Batterie Aachen unter den deutschen Besatzern entstand.

Diese wurde in der ehemaligen  Königlichen Domäne im Zeitraum von Januar bis April 1915 unter König Leopold II errichtet. Heute sind noch vier Geschützbettungen sowie ein Beobachtungsbunker zu erkennen, welcher damals als Kommandoposen fungierte. Ebenfalls erhalten sind massive Stahlkuppeln, die dem Schutz der Kanonen dienten, sowie die Überbleibsel einer Schmalspurbahn, welche die Geschützstellungen und Munitionsdepots miteinander verband. Ein Entfernungsmesser, der das Zielen auf feindliche Bewegungen auf hoher See ermöglichte, ist ebenfalls noch zu entdecken.  

In der Zeit von 1941 bis 1942 wurde dann die Batterie Salzwedel komplett ausgebaut. Sie gehörte während des zweiten Weltkrieges zur Marineartillerieabteilung und war nicht die einzige ihrer Art an der belgischen Küste. Heute ist sie aber Vorzeigestück des Atlantikwalls und eines der besterhaltenen Relikte der gesamten Anlage. Damals bestand die Batterie aus einem zentralen Kommandoposten und vier Geschützstellungen. Zur Verteidigung der Flanken waren zwei Bunker zudem mit Feldgeschütz ausgestattet.

Dass die komplette Anlage bis heute noch so gut erhalten ist, verdanken wir übrigens dem Sohn von Albert I, Prinz Karl, der 1950 sein großes Interesse an ihr bekundete, sich für ihren Erhalt einsetzte und einen Abriss verhinderte. Nach seinem Tod wurde die Anlage restauriert und unter Denkmalschutz gestellt. Mittlerweile sind zahlreiche restaurierte Sammlerstücke ausgestellt,  Baracken und Bunker wurden neu eingerichtet und erzählen die Geschichte mittlerweile wieder überaus lebendig.

Altehrwürdige Orte lebendig halten 

Die Bunker und Gräben der Anlage wurden mittlerweile größtenteils wieder in ihren Ursprungszustand zurückversetzt. Zahlreiche unter- und oberirdische Gänge ergeben ein spannendes Labyrinth. Hier finden mittlerweile sogar Escape-Games für Jugendliche und Familien statt, bei denen Sie knifflige Rätsel und Aufgaben lösen müssen, um sich Ihren Weg aus den Gemäuern der Anlage zu bahnen. Dabei erleben Sie die bewegte Geschichte des Atlantikwalls auf aufregend-spielerische Weise. Denn auch wenn der Atlantikwall vor allem Zeugnis der dunkelsten Zeiten in Europa und der Welt ist, sollten wir es nicht versäumen, solch geschichtsträchtige Orte gegen das Vergessen zu wappnen, was durchaus nicht immer in Düsterkeit passieren muss. Kinder können die Anlage zum Beispiel auch erkunden, indem sie in die Fußstapfen von Alfred, einem deutschen Soldaten, treten, der in der Batterie Aachen sein Dasein fristete. Mit Suchbuch und Militärpass geht es auf querbeet durch den Soldatenalltag und die Geschichte des ersten Weltkriegs. 

So kinderfreundlich wie der Museumsbereich ist, ist er in Bezug auf Hunde leider nicht – der Vierbeiner muss hier mal wieder draußen bleiben. 

Anno 1465 – zurück ins Mittelalter

Raversyde beheimatet allerdings nicht einen Teil des Atlantikwalls – Anziehungspunkt für viele Gäste und Besucher ist auch die Nachbildung des Ausschnitts eines mittelalterlichen Dorfes. „Anno 1465“ heißt das Projekt, welches sich ab dem Jahr 2000 die Rekonstruktion des versunkenen Fischerdorfes Walraversijde zur Aufgabe gemacht hatte. Dieses wurde laut alter Aufzeichnungen um 1394 von einem schweren Sturm getroffen, welcher für Überschwemmungen von Teilen Oostendes verantwortlich war. Nach dem Ereignis bauten die Bewohner das Dorf hinter den Dünen wieder auf und befestigten diese mit einem Deich.

Der ehemalige Küstenort gilt als eine der besterforschten Fischergemeinschaften Europas. Für die Nachbildung der verschiedenen Häuser verwendete man original mittelalterliche Ziegelsteine. Die Einrichtung und Ausstattung der Gebäude besteht aus Nachbildungen der Funde vor Ort. Im Dorf befinden sich das Wohnhaus eines damals gut gestellten Fischers, einer Fischerwitwe sowie eines Bäckers und Fischräucherers. Daneben sind auch das ehemalige Räucherhaus und die Bäckerei zu besichtigen. Die Erforschung des Freichlichtmuseums Anno 1465 wird Sie also in zurückversetzen, in die faszinierende Welt des Mittelalters.

Landschaftsperle an der Küste 

Wenn Sie also in der Region Oostende ein Ferienhaus in Belgien gemietet haben, sollten Sie unbedingt einen Abstecher nach Raversyde machen. Und das nicht nur, um in die Vergangenheit einzutauchen. Allein landschaftlich lohnt sich ein Ausflug in den angrenzenden, 50 Hektar umfassenden Naturpark. Genießen Sie die Stille der Natur und lassen Sie die Eindrücke des  Atlantikwalls in Ruhe sacken. Das gut ausgebaute Wegenetz lädt zu ausgedehnten Wanderungen und Fahrradtouren ein. Auch für die Kleinsten gibt es wieder jede Menge zu entdecken: Es warten der neue Spielwald Testerep, Spieltunnel, Kanalwege und sogar eine Versteckmöglichkeit mit Zeitreisefaktor.

Raversyde erreicht man übrigens problemlos auch mit der Lijn Kusttram, die alle Küstenorte Belgiens miteinander verbindet. Sollten Sie Ihre Zelte also weiter östlich aufgeschlagen haben, steht einem Tagesausflug dennoch nichts im Wege!

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