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Zurück in die gute alte Zeit – Belle Èpoque an Belgiens Küste

Die Belle Èpoque, also die „schöne Epoche“ war eine, zumindest oberflächlich betrachtet, friedliche Zeit in Europa. Als Zeitrahmen werden ihr die Jahre nach dem Deutsch-Französischen Krieg bis zum ersten Weltkrieg, also etwa 1870 bis 1914, zugeordnet.

Eine ungewöhnlich lange Zeit des Friedens brachte vielen Familien der bürgerlichen Gesellschaft Wohlstand und Jahre der Sorglosigkeit. Mit der fortschreitenden Industrialisierung wurden neue Betriebe und Unternehmen gegründet sowie Arbeitsplätze geschaffen. Elektrisches Licht erhellte die dunklen Stunden und die Eisenbahn brachte Mobilität in das alltägliche Leben. Medizin und Hygiene machten Fortschritte, die Kindersterblichkeit sank und die Lebenserwartung stieg. Allerdings war das „Vergoldete Zeitalter“ jedoch gleichermaßen Zeitalter der politischen Spannungen, Militarismus und Wettrüsten, was schließlich den Ersten Weltkrieg zur Folge haben  sollte. 

Belgien im Wandel – mal wieder  

Für die Menschen im damaligen Belgien waren jene Zeiten ebenfalls nicht sorgenfrei. Belgien hatte noch immer schwer mit der vorangegangenen Wirtschaftskrise zu kämpfen, die Bevölkerungsdichte war hoch und die Bedingungen der unteren Mittelschicht bisweilen prekär. Erst im Jahr 1884 stürzte die belgische Regierung, welche das Zepter seit der Belgischen Revolution 1830 in der Hand gehalten hatte. Fortan sollten sich vorerst die Sozialisten etablieren, darunter viele junge Intellektuelle und Künstler, welche sich der neu gegründeten Arbeiterpartei anschließen sollten.  

Der Regierungswechsel brachte seinerzeit unter anderem auch eine große Veränderung in der Kunstszene mit sich. Eine der bekanntesten Freundschaften aus der politischen und der Kunstszene ist die des politisch aktiven Anwalts Max Hallet und des Jugendstil-Architekten Victor Horta, welcher für einige beeindruckende Jugendstil-Bauten in Brüssel verantwortlich ist. Das Zusammenspiel aus Kunst und Politik lässt erste avantgardistische Bewegungen entstehen, die sich in der Malerei, Bildhauerei sowie auch der Architektur widerspiegeln. Klassische Jugendstil Architektur war also ein wesentlicher Bestandteil der Belle Époque. Aber auch Vorläufer von modernen künstlerischen Bewegungen wie Art Deco und sogar Bauhaus finden bereits Anhänger. Typisch für diese Zeit sind vor allem Stilmixe, welche gut die „Zerrissenheit“ zwischen alten und neuen künstlerischen Bewegungen repräsentieren.

Bäderarchitektur vom Feinsten 

Zeugnis dieser Vorliebe für die „neue Architektur“ ist ganz klar der Küstenstreifen Belgiens. Vor allem der Küstenort De Haan ist berühmt für seine prächtige Bäderarchitektur, die um die damalige Jahrhundertwende entstand. Aber auch in Oostende können die eindrucksvollen Villen aus der  Belle Époque bewundert werden. Während des 19. Jahrhunderts etabliert sich in ganz Europa die Badekultur, welche aber zunächst nur der höheren Gesellschaft vorbehalten blieb. So ließ König Leopold I bereits 1834 seine Sommerresidenz in Oostende errichten. Im Jahr 1886 sollte die erste dampfbetriebene Straßenbahn die Küstenorte Oostende und Blankenberge miteinander verbinden, die für den Adel eine willkommene Alternative zu holprigen Kutschfahrten war. Daraufhin wurden erste Hotels erbaut und das heutige De Haan entstand. Die Villen im Zentrum De Haans zeugen jedoch von den Auflagen des königlichen Erbbaurechts, welches eine bestimmte Architektonik vorschrieb; der Grund für die heute noch zu sehenden freistehenden Villen im anglo normannischen Baustil.

Auch der Architekt Josef Stübben, der im Jahr 1910 mit der Erweiterung des „Concessie“-Gebietes beauftragt wurde, prägte das Stadtbild De Haans nachhaltig.

Über die Zeit der Jahrhundertwende entstand insgesamt der typische Mix aus klassischen  Jugendstil-Bauten, Art Deco-Elementen und englischem Landhausstil, gemischt mit vielen grünen Elementen wie gepflegten Gärten und Parkanlagen. Bis heute wurde De Haan zwar um einige moderne Bauten erweitert, dennoch bleibt die Bäderarchitektur stets im Fokus.

Das vergoldete Zeitalter wieder aufleben lassen 

Heute können Interessierte bei einem Besuch im Belle Époque Zentrum in Blankenberge das Zeitalter noch einmal Revue passieren lassen. Hier wurden drei Villen aus dem Jahr 1894 komplett saniert und als Besucherzentrum hergerichtet. Nach dem Empfang in der repräsentativen Loggia erwarten Sie neben dem typischen Interieur von damals zahlreiche weitere Schätze wie Bilder, Plakate und Kostüme. Zudem gibt es eine interaktive Ausstellung, bei der Sie allerhand Wissenswertes rund um Mode, Kunst und Wissenschaft aus dem Fin de Siècle in Erfahrung bringen können.

Wie stolz die Bewohner der belgischen Küste auf ihre Prachtbauten sind, zeigt sich heute in zahlreichen Festivitäten und Veranstaltungen rund um die Bäderarchitektur. Wenn Sie De Haan einmal in ganz besonderer Art und Weise erleben wollen, dann sollten Sie unbedingt Anfang August ein Ferienhaus in Belgien in der Region mieten! Denn hier findet jährlich das „Trammeland“-Festival  statt, eine Zeitreise zurück in die Belle Époque. Bei dem zweitägigen Fest ist der ganze Ort auf den Beinen und entführt Einheimische sowie Touristen in die „gute alte Zeit“. De Haan bietet natürlich ganzjährig die entsprechende Kulisse – beim Trammeland-Festival wird allerdings ernst gemacht: Groß und Klein lassen das vergoldete Zeitalter in historisch möglichst authentischen Kostümen wieder auferstehen. Über dem gesamten Ort schweben musikalische Klänge aus den Zeiten um die Jahrhundertwende, Pferdekutschen und perfekt polierte Oldtimer rollen über den Asphalt. Sowohl das Leben der Bourgeoisie als auch das der einfachen Bevölkerung wird nachgestellt, die Häuser sind dekoriert, es wird gepicknickt und flaniert. Zurück in die Belle Époque – wenn auch nur für ein Wochenende!

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