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Dunkle Vergangenheit – Belgien und der Kongo

Ist man in Belgien unterwegs, begegnen einem immer wieder Statuen und Büsten von Leopold II. Doch sind diese, in Bezug auf seine Zeit als monarchistischer Herrscher, wohl eher als Mahnmale anstatt als Gedenkstätten zu betrachten. Vielerorts verschwinden die Denkmäler auch langsam von der Bildfläche.

Lange Zeit wollte Belgien sich vor dem dunkelsten Kapitel seiner eigenen  Geschichte verschließen. Doch mittlerweile sieht sich das Land gezwungen, offen damit umzugehen, gerade in Zeiten großer Debatten um Rassismus und Menschenrechte. 

Leopold II – Verbissen und gierig 

Der zweite König des noch nicht lange unabhängigen Belgiens wurde 1835 als zweiter Sohn von König Leopold I und seiner Frau Frau Louise d’Orléans geboren. Da der erste Sohn des Königspaares, Louis Philippe, noch vor dem Erreichen seines ersten Geburtstages verstarb, war Leopold II zum Thronfolger geworden. Schon sein Vater erkannte in seinem Spross einen starken Charakter und beschrieb den eigenen Sohn als raffiniert und durchtrieben.

Als er nach dem Tod seines Vaters um 1865 schließlich zum König von Belgien gekrönt wird, wittert er seine große Chance. Zwar hat er als konstitutioneller Monarch wenig Mitspracherecht was die Politik in Belgien betrifft, dafür aber ein beträchtliches Privatvermögen. Sein Vorhaben: Er möchte Belgien zu einer Kolonialmacht werden lassen. Nur waren zu dieser Zeit die meisten Kolonien unter den Großmächten Europas verteilt und es gab kaum noch weiße Flecken auf der Landkarte.

Leopold II beschloss schließlich, sich auf den afrikanischen Kontinent zu konzentrieren. Er wusste, dass die Gegend rund um das Kongobecken bis dahin noch weitestgehend unentdeckt geblieben war, wohl auch aufgrund seiner schwierigen Zugänglichkeit. Die Reisen des Entdeckers Verney Cameron, welcher von einem Reichtum an Schätzen im Kongo berichtete, verfolgte der belgische König aufmerksam. Im Jahr 1897 heuerte der König Henry Morton Stanley an, einen amerikanischen Abenteurer, der die Gegend erkunden und mit Stammesführern Verträge aushandeln sollte.

Billig kaufte dieser von den Kongolesen ein Stück Land nach dem anderen – und nicht nur das. Mit dem erworbenen Land hatten die Bewohner auch ihre Arbeitskraft verkauft.

Auf der (von ihm finanzierten) internationalen geographischen Konferenz gab Leopold II unterdessen Bestrebungen vor, Entwicklungshilfe auf dem afrikanischen Kontinent zu leisten, der Bevölkerung das Christentum näher zu bringen sowie den Sklavenhandel abzuschaffen. Frieden und Wohlstand für Afrika - das stieß bei den internationalen Gästen auf großes Wohlwollen und  man einigte sich darauf, die Internationale Afrika-Gesellschaft zu gründen. 

Schließlich wurde das Gebiet des Kongo 1885 auf der Kongo-Konferenz in Berlin vollständig Leopold II zugesprochen.  

Alsbald machte er sich an die Erschließung des Kongos. Städte wurden errichtet, Straßen gebaut und auch die Eisenbahn fand ihren Einzug. Somit waren die Vorbereitungen zur Ausbeutung des Landes abgeschlossen. Alles sollte unter der Aufsicht von extra aufgestellten Söldnertruppen stattfinden, der "Force publique". Dass der Kongo die Quelle für Elfenbein war, war in Europa hinlänglich bekannt. Allerdings wurde 1892 den Kongolesen die Jagd auf Elefanten verboten. Viel interessanter für Leopold II war ohnehin das Kautschuk, welches in Europa gerade massiv nachgefragt wurde – aufgrund der Erfindung des luftgefüllten Reifens durch John Boyd Dunlop.

Video: Rassismus und Belgiens koloniales Erbe

Dunkle Zeiten 

Es folgte eine Zeit der Schreckensherrschaft in der „Privatkolonie“ Kongo. Leopold II sorgte dafür,  dass riesige Kautschukplantagen entstanden, welche die Felder, auf denen Lebensmittel angebaut wurden, verdrängten. Dies machte die Kongolesen anhängig von importierten Lebensmitteln durch belgische Unternehmen. Zudem waren die Abgaben der Arbeiter so hoch, dass sie hätten Tag und Nacht ununterbrochen Kautschuk ernten müssen, um die Vorgaben zu erreichen. Frauen und Kinder wurden in Geiselhaft gehalten; lieferte der Mann die Ernte nicht pünktlich, wurde seine Familie ermordet. Beliebt war auch das Abtrennen von Körperteilen für alle möglichen kleineren  Vergehen.

Auch Kinder waren vor dem harten Regime nicht geschützt. Für das Lachen in  Gegenwart weißer Menschen gab es Peitschenhiebe mit der Chicotte – einer scharfkantigen Peitsche aus ungegerbter Nilpferdhaut. Noch heute ist diese ein Zeichen der Unterdrückung. Vergewaltigungen, Verstümmelungen, Folter und Morde waren während der Zeit der Zwangsarbeit alltäglich. Immer wieder gab es Aufstände, die allerdings durch die Force publique brutal niedergeschlagen wurden. Teils wurden ganze Dörfer dem Erdboden gleichgemacht.

Das so genannte „Kongogräuel“ endete erst um etwa 1905, als die Taten des Leopold II langsam aber sicher im Rest der Welt publik gemacht wurden. Einen großen Teil dazu trug Edmund Dene Morel bei, einem Reederei-Angestellten, der sich fragte, weshalb die Schiffe nach Afrika stets nur Waffen und Munition geladen hatten, anstatt Handelsgüter. Plötzlich tauchten auf der ganzen Welt  Fotos und Berichte über die Zustände im Kongo auf. Botschafter wurden nach Afrika geschickt.

Bald schon schrieb Mark Twain über die Geschehnisse. Im Jahr 1908 musste Leopold II die Kolonie Kongo an die belgische Regierung verkaufen, ein Jahr darauf verstarb der Despot. Zwischen 5 und fünfzehn Millionen Menschen fielen dem Kongogräuel zum Opfer. Die Zahlen können nur geschätzt werden. 

Während also die Statuen von Leopold II in Belgien nach und nach verschwinden, um Abstand vom dunkelsten Teil der Geschichte Belgien zu gewinnen, geht man im Kongo anders damit um. Erst kürzlich wurde der Reiterstatue, die hoch über Kinshasa thront, ein Frühjahrsputz verpasst:  "Für uns reflektiert die Statue von Leopold eine Geschichte, eine Erinnerung. Sie ist eine Referenz für unsere Kinder", sagte Jose Batekele, seines Zeichens Direktor des Nationalmuseums Kongo.

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