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Nicht immer nur nackt – das Manneken Pis

Es ist eines der Wahrzeichen Brüssels und bekannt bei Jung und Alt. Das Manneken Pis, oder auf Französisch „Le petit Julien“, ist eine bronzene Brunnenfigur, die an der Ecke Rue de l'Etuve und Rue des Grands Carmes zu finden ist. Was für die Pariser der Eiffelturm, ist für die Brüsseler ihr Manneken Pis.  

Wenn Sie also das schöne Brüssel bereisen und ein Ferienhaus in Belgien in der Nähe gemietet haben, müssen Sie in der Nähe vom Grote Markt, beziehungsweise Grand Place, nur den Touristenströmen folgen. Nie war es einfacher, eine Sehenswürdigkeit in Brüssel zu finden.

Ein „kleiner Pisser“ aus dem Mittelalter 

Um den „kleinen Pisser“ ranken sich so einige Folkloregeschichten und Legenden. So soll es sich laut einigen Angaben bei dem gerade einmal 61 Zentimeter hohen Pimpf tatsächlich einmal um den Sohn eines reichen Kaufmanns gehandelt haben, der kurzzeitig verschwunden gewesen war und den man fröhlich pullernd an einer Straßenecke wieder aufgefunden haben soll; genau dort, wo jetzt die Statue steht. 

Eine andere Geschichte erzählt, dass es sich um die Statue zu Ehren eines Jungen handelt, der feindliche Belagerer belauschte und im letzten Moment eine Lunte ausgepinkelt haben soll, um so die Sprengung der Stadtmauern zu verhindern. Was genau sich letztendlich zugetragen hat, ist wohl eine Glaubensfrage. Fest steht allerdings, dass sich der kleine Mann mittlerweile zu einer wahrhaftigen Größe der belgischen Hauptstadt gemausert hat und stellvertretend für Mut, Widerstandsgeist und ein bisschen Frechheit steht. Repliken und ähnliche Statuen sind übrigens auf der ganzen Welt zu finden, unter anderem sogar in Tokio.

Video: „Manneken Pis“ wird zum Vorbild für Wassersparer

Hinter der Figur in Brüssel liegen mittlerweile über 700 Jahre Geschichte. Natürlich steht auf dem  Brunnen schon längst kein Originalfigur mehr, sondern eine Kopie von 1965. Der kleine Mann wurde inzwischen unzählige Male ersetzt, aus verschiedenen Gründen. Die erste Figur soll 1388 errichtet worden sein und war aus Stein gemeißelt, schon damals als Schmuck eines Trinkbrunnens. Das eigentliche Knabenmotiv kannte man bereits im frühen Mittelalter als Drolerie,  also nichts weiter als einer lustig-überspitzten Darstellung von Menschen oder Tieren. Die Statue, wie wir sie heute kennen, stammt aus dem Jahr 1619. Ihr Erbauer hieß Jérôme Duquesnoy und war ein Bildhauer und Architekt aus den Spanischen Niederlanden. Damals stand das Manneken Pis noch auf einer Säule, welche allerdings um 1770 verschwand. Zu dieser Zeit entstand auch die Steinnische, die sich bis heute kaum verändert hat.  

Übrigens hat das Manneken in Brüssel inzwischen sogar Familie: Etwas besser versteckt als der kleine Julien, ist seine „Schwester“Jeanneke Pis. Diese ist in der Impasse de la Fidelité, einer kleinen Sackgasse zu finden, unweit der bekannten Brüsseler Bierstube „Delirium“. Jeanneke hat zwar nicht die gleiche historische Bedeutung wie ihr Bruder, wird aber dennoch als sein Pendant gehandelt. Im Jahr 1998 gesellte sich zu den beiden auch noch Zinneke Pis, ein streunender Mischlingshund, der an einen Pfahl pinkelt.  

Ein sehr voller Kleiderschrank 

Zu verschiedenen belgischen aber auch internationalen Anlässen wird das Manneken Pis traditionell verkleidet. Und das bereits seit über 400 Jahren. Ob für Länderspiele der belgischen Nationalmannschaft, zum Ommegang oder am Welt-AIDS-Tag – aktuell wird die Statue an 133 Tagen im Jahr anders kostümiert und hat mittlerweile eine Sammlung aus über 1000 Verkleidungen. Denen wurde übrigens ein ein Teil des eigenen Museums gewidmet, welches sich in der Straße gleich hinter dem kleinen Mann befindet. 

Das Menneken Pis als Symbol für Lebensart, Demokratie und Meinungsfreiheit 

Auch als Politikum hat das Menneken Pis bereits Schlagzeilen gemacht: Nach den  Terroranschlägen von Brüssel im Jahr 2016 gingen einige Bilder um die Welt, auf denen das Männlein auf die Terroristen pinkelnd abgebildet war. Aus Zeiten des Zweiten Weltkriegs stammt zudem eine berühmte Zeichnung, auf denen flüchtende deutsche Soldaten mit Hakenkreuz angepinkelt werden. So bekam das Manneken Pis eine große Symbolkraft für die Belgier, mit den dunkelsten Zeiten der Geschichte umzugehen.

Doch warum hat sich ausgerechnet ein wasserlassender, kleiner Junge zum Symbol Belgiens gemausert? Viele behaupten, das Manneken Pis stünde für den belgischen Humor und die belgische Lebensweise, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen. Die Belgier haben sogar ein eigenes Wort in Brusseleir, dem brüsseler Dialekt, dafür: Zwanze. Unter Zwanze versteht man die  Begabung, witzig-freche Geschichten voller Selbstironie zu erzählen, dabei sein Publikum zu unterhalten sowie über sich selbst und seine Zuhörer lachen zu können. Zwanze gehört zum Erbe der Brüsseler Popkultur und soll für die Lebensart in Brüssel stehen.

Diese Lebensart hatten sich französische Soldaten im 18. Jahrhundert wohl etwas zu groß auf die Fahnen geschrieben. In einer durchzechten Nacht stahlen sie das Manneken Pis und traten damit unwissend eine Welle los, die bis heute anhalten sollte. Damals war König Ludwig XV nicht besonders begeistert von der Aktion, woraufhin er die sofortige Rückgabe der Figur befahl. Als das passiert war, ließ er ein goldenes Kostüm für die Statue anfertigen und schlug sie zum Ritter des Ordens von St. Louis. Fortan mussten sämtliche Soldaten salutieren, sobald sie das Manneken Pis passierten.

Leider ist aus dem harmlosen Spaß mit den Jahren ein Trend entstanden, der umschlug in regelmäßigen Diebstahl und Sachbeschädigung. Wiederholt wurde die Statue geklaut und schwer beschädigt, sodass man sich dazu entschied, das Original in das Museum von Brüssel, Maison du Roi, zu bringen, wo es bis heute zu sehen ist. 

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